Klassenzimmer auf der Alm
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NS-Geschichte in Spital am Pyhrn
Vier Schüler*innen widmeten sich auf der Alm einem Thema, bei dem es noch viel zu erforschen gibt: Dem „fremdvölkischen Kinderheim“ in Spital an Pyhrn, in dem während des Nationalsozialismus mindestens 49 Babys von Zwangsarbeiterinnen durch Vernachlässigung ums Leben kamen.
Im Rahmen der Projektphase „Verantwortung“ fanden Maxi, Carolin, Vivian, Annabel und Andi heraus, dass die menschenverachtende Ideologie der Nazis mit ihrer Einteilung in lebenswertes und -unwertes – nämlich in diesem Fall „arisches“ und „fremdvölkisches“ Leben – Grundlage der Rekrutierung von Zwangsarbeiter*innen aus den sogenannten Ostgebieten war. Zwangsarbeit in der Landwirtschaft ist, im Gegensatz zur Zwangsarbeit in Großbetrieben, ein bisher weniger erforschtes Thema. Dass den Frauen ihre Kinder weggenommen wurden, um sie arbeitsfähig zu halten, berührte die Jugendlichen sehr. Schockierend dann die Tatsache, durch Briefwechsel belegt, dass diskutiert wurde, die Kinder aufzuziehen, um sie auch zu Arbeitskräften „verwerten“ zu können, oder sie sterben zu lassen.
Sehr bedacht wählten die Schüler*innen Daten, Dokumente und Zitate für eine Ausstellung aus, die auch die Anderen sprachlos zurückließ.
Auf einem leeren Blatt zum Ende der Ausstellung konnten sie ihre Gedanken zum Thema niederschreiben. Wichtige Erkenntnis: Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit führt unweigerlich zu einer Verantwortung im Hier und Heute, darauf hinzuwirken, dass so etwas nicht wieder geschieht.
Gestern war Susanne Lammer bei uns, Pastoralassistentin der Pfarre Kirchdorf an der Krems. Susanne ist vor einigen Jahren eher durch Zufall über die Einweihung der Gedenkplakette für die verstorbenen Kinder bei dem Thema gelandet und organisiert gemeinsam mit weiteren Freiwilligen ein jährlich stattfindendes Gedenken. Mit ihrem Besuch konnten einige Fragen beantwortet werden, die sich in der Auseinandersetzung ergeben hatten, aber auch Wissen über die Erziehung im Nationalsozialismus, über Ideologie der Nazis und Zwangsarbeit vertieft werden. Eindrücklich war auch die Erinnerung an Katharina Brandstätter, die Susanne noch kennengelernt hatte. Katharina Brandstätter war nach der Befreiung als Baby verwechselt worden und erfuhr erst im hohen Alter von ihrer tatsächlichen Herkunft – nach langer eigener Recherche. Als Zeitzeugin erzählte sie dann auch auf Veranstaltungen von ihrer Geschichte. Die Kinder, die überlebten, berichten davon, dass sie diese Geschichte in Form von Einsamkeit und Entwurzelung ihr Leben lang begleitete.
Abschließend fuhren wir gemeinsam mit dem Fahrrad nach Spital am Pyhrn und gedachten in einem Ritual am Friedhof der Säuglinge und Kleinkinder. Nachdem die Namen aller Kinder verlesen waren, legten wir eine Murmel, die das Spiel und die Leichtigkeit der Kinder symbolisiert, in eine Schale, und erinnerten uns an diese kleinen Leben, die nur so kurz gelebt werden durften. Das Wissen um die Verbrechen der Nazis darf nicht verloren gehen, sodass wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass so etwas nicht wieder geschieht.
Beitrag von Katharina, mit Dank an die Projektgruppe